Liebe Gäste,

o je, die Theaterleitung hat mich gebeten, ein paar Zeilen über die vergangenen Monate vor und nach der Pandemie-Zwangspause zu schreiben. Nun bin ich der Meinung, Künstler:innen sollten nur den Mund aufmachen, wenn sie auch wirklich etwas Sinnvolles zu sagen haben, sonst endet man wie der Wendler.
Also, womit würde ich das geneigte Publikum am wenigsten langweilen? Völlig klar, mit ein paar indiskreten Blicken hinter die Kulissen! Alle lieben Klatsch und Tratsch, besonders über Schauspieler:innen. Nur allzu gerne liest man doch en detail, wie Angelina Jolie und Brad Pitt sich bei Dreharbeiten verliebt haben, während sie vor der Kamera versuchten, sich gegenseitig umzubringen. Oder wie Tony Curtis über Marilyn Monroe lästerte, ihre Kussszenen hätten sich angefühlt „wie Hitler zu küssen“.
Nun, Liebesgeschichten gibt es tatsächlich gelegentlich auch am DHT. Erinnern sie sich z.B. an den attraktiven aber verarmten Adligen Jack und seine Angebetete Miss Kitty aus „Charleys Tante“? Zwischen den beiden hat es tatsächlich hier auf der Bühne gefunkt, und nach ihrer Hochzeit im letzten Sommer sind sie mittlerweile stolze Eltern eines unserer „Ensemble-Babys“.
Aber Lästereien? Damit kann ich leider nicht dienen. Tatsächlich geht es bei uns hinter und neben der Bühne geradezu erschütternd harmonisch zu. Viele Arbeitgeber behaupten ja von ihren Firmen, dort sei man „eine große, glückliche Familie“, und in den allermeisten Fällen ist das dreist gelogen. Am Dehnberger Hof Theater stimmt es tatsächlich. Wir haben einander alle von Herzen gern – auch wenn es selbstverständlich mal Kabbeleien gibt – und jede:r, der oder die aus irgendwelchen Gründen mal bei einer Produktion nicht dabei sein kann, wird vom Rest des Ensembles schmerzlich vermisst.
Dieses liebevolle Miteinander ist auch in den Monaten der coronabedingten Trennung nicht zerbrochen, ständig standen wir in Verbindung, um uns gegenseitig über die neuesten Entwicklungen und Hilfsangebote zu informieren, oder einfach auch mal nur, um per Zoom online ein paar Gläser miteinander zu heben. Ich weiß nicht, wie ich die lange Zeit ohne meine Kolleg:innen überstanden hätte.
Umso mehr haben wir uns gefreut, am DHT auch in Zeiten des Auftrittsverbots, des Abstandhaltens, der täglichen Test- und Maskenpflicht zusammenarbeiten zu können: Da gab es das Krimi-Hörspiel „Nur über meine Leiche“ von Francis Durbridge, das Sie live zuhause verfolgen konnten, während wir – alle brav 2 Meter voneinander entfernt – auf der Bühne mit Stimmen, Geräuschen und Musik zu zaubern versuchten, immer darauf bedacht, dass nicht zu hören ist, wie unsere Zähne vor Lampenfieber klappern.
Es folgten verschiedene Videos, in denen wir zu verschiedenen Anlässen Märchen aus aller Welt vortrugen, dann das spannende filmische Experiment „Miniaturen“, bei dem moderne Theatermonologe in einem scheinbar endlosen weißen Raum zum Strahlen gebracht wurden, und andere kleinkünstlerische Perlen auf YouTube.
Und dann im Juni – endlich wieder „Don Camillo“! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie glücklich wir alle im Innenhof voreinander standen, komplett überfordert mit dem ganzen Durcheinandergeschnattere – aber so ist das eben bei Familientreffen nach solch einer langen Zeit.
Dann der Stress, innerhalb von nur wenigen Tagen bei 35 Grad im Schatten ein Stück wieder einzuproben, das wir fast zwei Jahre nicht mehr gespielt hatten. Und der selige Moment, als nach der ersten Vorstellung der Applaus aufbrandete und wir wussten, dass das Textpauken und die Sturzbäche von Schweiß sich gelohnt hatten.
Hui, nun habe ich aber genug aus dem Nähkästchen geplaudert. Wenn Sie wissen wollen, wer aus dem Ensemble an besonders privater Stelle eine Tätowierung von einer Ananas mit Sonnenbrille hat, dann müssen Sie das schon auf die altmodische Art herausfinden und mich nach einer Vorstellung betrunken machen.
Genug – wir sehen uns hoffentlich bald im Dehnberger Hof Theater! Gelegenheiten sollte es genug geben: Unsere brandneue „Komödie im Dunkeln“, das herrlich überdrehte „Dinner für Spinner“ oder meine Ein-Personen-Revue „Die Sternstunde des Josef Bieder“.
Bitte passen Sie auf sich und andere auf, bleiben Sie gesund und besuchen Sie uns bald wieder!
Ihr
Arnd Rühlmann